Nivellierung

Nivelierung von Sand-Untergrund mittels Wasserwaage
Nivellierung

Unter dem Begriff “Nivellierung” versteht man immer, etwas auf die gleiche Höhe zu bringen – entweder technisch oder im übertragenen Sinn. Das kann bei verschiedenen Gelegenheiten wichtig oder erwünscht sein, da Schwankungen in vielen Bereichen ganz einfach Probleme bedeuten.

Technische Bereiche

Hier geht es zunächst einmal um das Überprüfen der Höhe von einzelnen Punkten einer Fläche, Flächen müssen immer plan sein. Das einfachste Gerät, um die Ebenheit einer Fläche zu überprüfen und die Notwendigkeit zur Nivellierung zu erkennen, ist dabei die klassische Wasserwaage.

Sie besteht aus einem leicht gekrümmten Glasröhrchen, das mit einer Flüssigkeit gefüllt ist. Das Röhrchen, das Libelle genannt wird, wird mit Flüssigkeit (meist Ethanol, auch Diethylether ist möglich) gefüllt und zugeschmolzen. In der Flüssigkeit entsteht dann eine kleine Gasblase, die immer zum höchsten Punkt des gebogenen Röhrchens schwimmt. Auf ebenen Flächen ist das genau in der Mitte des Röhrchens, ist die Fläche geneigt, wandert die Blase immer weiter an den Rand und man muss eine Nivellierung vornehme. Erfunden wurde die Wasserwaage übrigens schon 1660, wo man den Effekt bereits zu nutzen wusste.

Neben dieser klassischen Form gibt es auch noch andere Umsetzungsmöglichkeiten dieses Prinzips: mithilfe von eingebauten Prismen oder einer aufgedruckten Messeinteilung kann man die Ablesung genauer machen (Koinzidenz-Libelle und Messlibelle), Libellen können auch kreuzweise angeordnet werden, um die Ebenheit in zwei Richtungen zu messen (Kreuzlibelle). Für die genaue Ausrichtung von Kameras, Teleskopen, Kranwägen, Maschinentischen aber auch größeren Nivelliergeräten wie Theodoliten werden Dosenlibellen verwendet. Sie haben zwei Blasen und messen ebenfalls in zwei Richtungen, was auch Horizontieren genannt wird. Daneben sind noch viele weitere Bauarten für spezielle Bereiche vorhanden.

Bereits bei größeren Bodenflächen muss man für die Nivellierung mit einer Wasserwaage meist an mehreren Punkten messen, um die Waagerechtigkeit der gesamten Bodenebene sicherzustellen. Bei Messungen an größeren Bauwerken kommen für die Nivellierung deshalb spezielle Nivelliergeräte in Verbindung mit Messlatten oder auch Schlauchwaagen zum Einsatz.

Hydrostatische Höhenmessungen kann man ganz einfach nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße durchführen. Verbindet man zwei Gefäße die nebeneinander auf einer waagerechten Fläche stehen über eine Leitung miteinander, steht aufgrund des Luftdrucks der Wasserspiegel in beiden Gefäßen immer exakt gleich hoch, in ein Gefäß gegossenes Wasser verteilt sich entsprechend. Herrscht zwischen beiden Punkten allerdings ein Höhenunterschied, sinkt der Wasserspiegel im höher stehenden Gefäß, was man an auf den Geräten angebrachten Messskalen gut ablesen kann. Auf diese Weise lassen sich etwa mögliche Bauwerksabsenkungen und auch die Ergebnisse einer Nivellierung sehr gut ermitteln und auch überwachen.

Zur Höhenbestimmung von Landschaftspunkten kommen andere Methoden zum Einsatz.

Senklote und Schwimmlote

Alle Arten von Senkloten (auch das Senkblei bei Mauern) benutzen die Schwerkraft, um anzuzeigen, ob eine Kante wirklich waagerecht ist oder eine Nivellierung erforderlich ist. Ein Gewichtsstück fällt immer in Richtung Erdmittelpunkt. Ist die Anlegekante genau waagerecht, verläuft die Schnur, an der es hängt, genau senkrecht, ist die Kante nicht waagerecht, verläuft sie schräg, was immer gut erkennbar ist.

Solche Senklote gibt es auch in sehr großer Ausführung, etwa als Schwimmlote beim Bau von Kraftwerksstaumauern.

Ausgleich von Untergründen und Bodenbelägen

Um Fliesen zu verlegen, muss ein Untergrund völlig eben sein. Ist er das nicht, können selbstnivellierende Spachtelmassen zum Nivellieren des Untergrunds eingesetzt werden. Das sind dünne Estrichschichten, die hoch fließflähig eingestellt sind. Werden sie auf den Untergrund geschüttet und verteilt, bilden sie aufgrund der Fließeigenschaften von selbst eine völlig ebene Oberfläche (so wie die Oberfläche eines Sees immer horizontal ist). Das ist die einfachste Methode zur Nivellierung von Untergründen. Um dabei teures Material zu sparen und die Schichtdicke nicht zu groß werden zu lassen, werden allerdings deutlich erkennbare Vertiefungen im Vorfeld meist mit anderen Materialien ausgespachtelt.

Auch beim Fliesenbelag selbst kann man (und sollte man) für eine Nivellierung sorgen. Fliesenkanten sollten immer auf der gleichen Höhe sein, um Stolperkanten im Belag und optische Untregelmäßigkeiten zu vermeiden. Das erreicht man, indem man Fliesen (oder auch Keramik- oder Natursteinplatten) im sogenannten Dickbett (dicke Mörtelschicht) verlegt und mit speziellen Fliesenjustierelementen in den Fugen die Kanten bis zum Aushärten der Verlegemörtelschicht auf der gleichen Höhe hält.

Im Außenbereich arbeitet man dagegen meist mit Planierungen, um ebene Flächen herzustellen und eine Nivellierung zu erreichen. Unebenheiten werden dabei abwechselnd befüllt (Senken) oder abgetragen (Böschungen, zu hohe Flächenbereiche).

Geodäsie

Zur Höhenbestimmung von bestimmten Punkten in der Landschaft ist größerer Aufwand erforderlich. Um die Höhe eines Punktes genau zu ermitteln und Höhen zu nivellieren, braucht man eine (gedachte) ebene Bezugsfläche zwischen gleich hohen Punkten. Solche Punkte werden in der Landvermessung als Höhennetz (Nivellementnetz) eingesetzt. Innerhalb der “Maschen” dieses großen Netzes kommen dann noch jeweils weitere, kleinere Netze zum Einsatz.

Der Nutzen von einerseits sehr kleinen, regionalen Netzen und sehr großen, überregionalen Höhennetzen, in die die kleineren Netze eingebettet liegen, besteht darin, dass man auch über längere Entfernungen hinweg sehr präzise Höhenangaben machen und bei längeren Bauwerken eine Nivellierung erreichen kann, etwa beim Verlauf von Straßen oder Eisenbahnlinien.

Auf einfachere Weise lassen sich Höhenunterschiede anhand des Luftdrucks an bestimmten Punkten (barometrische Höhenmessung) oder anhand von Stereofotos oder Satellitenbildern erkennen und festlegen (Photogrammetrie und Satellitengeodäsie).

Zieht man unabhängig vom Landschaftsverlauf eine virtuelle, exakte Linie zwischen zwei Punkten, kann man ihre unterschiedliche Höhe anhand von aufgestellten Messlatten an jedem der beiden Punkte mit einem Messgerät ganz einfach ablesen. Längere Strecken kann man einfach in mehrere Messabschnitte aufteilen und den bereits vermessenen Punkt jeweils als Ausgangspunkt für eine neue Messung verwenden. Das Verfahren wird allerdings über größere Streckenlängen hinweg ungenau, weil die Höhe nur geometrisch bestimmt wird, der Einfluss der Schwerkraft aber als physikalische Größe nicht erfasst wird. Das ist etwa dann wichtig, wenn man ermitteln möchte, ob sich Wasser zwischen zwei Punkten gleicher gemessener Höhe bewegen würde. Theoretisch sollte es das nicht (kein messbares Gefälle), praktisch tut es das oft schon (Auswirkung der Schwerkraft, physikalischer Einfluss in einer nur geometrischen Messung).

Genauere Messungen kann man daher mit Theodoliten durchführen, die auch die Erdkrümmung und die sogenannte terrestrische Refraktion (Änderungen des Brechungsindex der Luft, Krümmung des Messstrahls im Bereich von rund 12 – 14 % der Erdkrümmung) berücksichtigen. Das ist notwendig, weil beide Faktoren bereits bei Messstrecken von 200 m für Messungenauigkeiten sorgen können. Alternativ kommen für Vermessungen Tachymeter zum Einsatz, die diese Einflüsse ebenfalls berücksichtigen.

Betriebswirtschaft

In der Betriebswirtschaftslehre verwendet man Wörter wie “Nivellierung” vor allem im Bereich produzierender Gewerbe. Aufträge kommen hier sehr schwankend herein und können bei verschiedenen Produkten sehr unterschiedliche Größen haben – so werden von einem Produkt etwa 500 Stück benötigt, vom anderen etwa 2.000 Stück, von einem weiteren Produkt vielleicht 8.000 Stück. Meist kann immer nur ein Produkt nach dem anderen produziert werden.

Jeden einzelnen Auftrag nacheinander auszuführen wäre hier problematisch, da der letzte Auftrag erst sehr spät geliefert würde, zudem könnten Materialengpässe auftreten, da für eine durchgehende Produktion von sehr großen Stückzahlen auch sehr viel Material vorgehalten werden müsste.

Beim Glätten oder Ausgleichen von Produktionsprozessen wird daher die Gesamtmenge eines Auftrags in kleine Teilmengen unterteilt, die jeweils gleichmäßig nacheinander produziert werden – nach obigem Beispiel etwa 50 Stück Produkt 1, danach 200 Stück Produkt B und 800 Stück Produkt C, dann wieder 50 Stück Produkt A, usw.

Je nach Einzelfall muss die Auslastung in Produktionsbereichen dabei immer so geglättet werden, dass in einem Zeitintervall immer sämtliche Produktionskapazitäten gleichmäßig ausgelastet sind und es zu einem gleichmäßigen Produktionsfluss kommt, der sich auch durch Nachfrageschwankungen nicht ändert, und sich durch viele kurzfristig eingehende Aufträge die Rückstände nicht aufschaukeln. Moderne, komplexe Konzepte, wie das japanische Heijunka-Konzept von Toyota, helfen heute als Nivellierungsinstrumente oft sehr wirksam, um das Glätten von Produktionsprozessen durchzuführen.

Fazit

Ausgeglichene Niveaus spielen in ganz unterschiedlichen Bereichen eine Rolle, mit Schwankungen und ungleichmäßigen Höhen haben wir in vielen Bereichen zu kämpfen. Das kann beim Bau einer Mauer ebenso sein wie bei Produktionsprozessen, die idealerweise immer in gleichmäßigem Fluss ablaufen sollen.